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AutorenbildStephanie Briner & Lisa Vollmeier

Mut und Vertrauen: beste Voraussetzungen für intergenerationelles Topsharing im Familienunternehmen

Seit gut einem Jahr führen Anna und Andreas Hug die Geschicke der HUG AG in einer Co-Leitung. Eine gelungene Nachfolgeregelung, bei welcher das traditionsreiche Familienunternehmen von der 4. und 5. Generation gemeinsam geführt wird. WEshare1 Botschafterin Stephanie Briner und Lisa Vollmeier haben im Sommer 2021 mit Anna und Andreas Hug über das intergenerationelle Topsharing im Familienunternehmen gesprochen.


Portrait Anna und Andreas Hug


Wir fahren mit dem Zug Richtung Malters und lassen die Stadt Luzern hinter uns. Es ist wie ein Ausflug in Willy Wonka’s Schokoladenfabrik, einfach in "Guetzli"-Version und in der Schweiz. Je näher wir der HUG AG kommen, desto intensiver wird der unwiderstehliche Duft der köstlichen Kreationen.


Anna Hug begrüsst uns mit einem – trotz Maske klar erkennbaren – Lächeln. Andreas Hug gesellt sich etwas später zu uns – mit der genau gleichen freudigen Ausstrahlung. Die Co-Leitung zwischen den beiden ist schon in kleinen Gesten erkennbar: rückfragende Blicke, Zeit für den anderen um Lücken auszufüllen, das Wiedergeben von gemeinsamen Erinnerungen.


Topsharing wird gelebt und ist nicht bloss ein theoretisches Konzept. Im Gespräch mit Anna und Andreas Hug erfahren wir, dass sie sich von Anfang an auf das Sinnhafte konzentriert haben – nicht auf die Definition.



Mit gutem Gefühl und grossem Commitment neue Wege beschreiten


Seit Januar 2020 lenken Anna und Andreas Hug die Geschicke der HUG AG als Co-Leitung. Die Reise zu diesem Punkt beginnt aber schon viel früher. Bald nach Annas Einstieg im Jahr 2010 stellt sie sich die Frage, wie der Weg weiter geht. Für sie war klar, dass sie ihr Teilzeit-Pensum beibehalten möchte und die CEO-Position in dieser Konstellation nicht stemmbar ist. In vielen Gesprächen entstand schlussendlich aus den gegebenen Umständen heraus die Idee einer Co-Leitung. Andreas, von 2006 bis 2019 alleiniger Geschäftsführer, hat auf 80 % reduziert, Anna bleibt bei 60 %. Die 40 % Aufstockung ist für die Firma zwar etwas teurer, doch die Vorteile überwiegen: eine hohe Qualität in den getroffenen Entscheiden, eine geregelte Stellvertretung, eine entlastete Führung. Mit der Unternehmenskultur war der ideale Boden bereits vorhanden.


Die anfängliche Skepsis des Verwaltungsrates ist aufgrund des hohen Commitments der beiden und den sich ergänzenden Persönlichkeit mit passenden Führungsstilen schnell verflogen. Aber wie geht denn das nun genau? Anna fasst zusammen: "Am Anfang haben wir uns mit externen Personen ausgetauscht und Meinungen sowie Erfahrungsberichte abgeholt. Schnell war klar, es geht auch darum, einfach mal auszuprobieren. Natürlich muss man sich vorbereiten, überlegen, aufteilen, Aufgabenbereiche definieren und Regeln abmachen. Aber das Wichtigste ist, dass beide in der Co-Leitung ein gutes Gefühl haben."

 

"Am Anfang haben wir uns mit externen Personen ausgetauscht und Meinungen sowie Erfahrungsberichte abgeholt. Schnell war klar, es geht auch darum, einfach mal auszuprobieren. Natürlich muss man sich vorbereiten, überlegen, aufteilen, Aufgabenbereiche definieren und Regeln abmachen. Aber das Wichtigste ist, dass beide in der Co-Leitung ein gutes Gefühl haben."

 


Rollenklarheit vom ersten Tag an


Die Ausgestaltung eines Topsharing kann je nach Job-Tandem oder Unternehmen anders aussehen. Andreas betont: "Die Aufgabenteilung war matchentscheidend für uns". Anna ergänzt: "Was mir beim Start sehr geholfen hat, war die Rollenklarheit, welche wir vom ersten Tag an hatten." Anna hat im Januar 2020 die Verantwortung über die Bereiche Märkte und Marketing übernommen, Andreas ist für den Bereich Operations zuständig, der u.a. Produktion, Supply Chain und HR beinhaltet.


Entscheidend für die erfolgreich umgesetzte Rollenklarheit und Arbeitsteilung sind das gegenseitige Vertrauen sowie die Zielsetzung, die Co-Leitung gemeinsam zu gestalten. Mit dieser Basis konnte Andreas seine bisherige Rollenvorstellung an die neue Situation gut anpassen. Besonders achten Anna und Andreas Hug auf die Symbolik, z.B. dass bei einem Auftritt beide auf der Bühne stehen, dass bei Ritualen und internen Anlässen beide ihren Part haben und die Co-Leitung sichtbar gelebt wird. Andreas bringt auf den Punkt, wie sie die Symbolik zum Leben erwecken: "Ein gleichwertiger Auftritt beider Personen ist zentral. Insbesondere, wenn eine Person in der Co-Leitung zuvor einige Jahre das Unternehmen alleine geführt hat."

 

"Ein gleichwertiger Auftritt beider Personen ist zentral. Insbesondere, wenn eine Person in der Co-Leitung zuvor einige Jahre das Unternehmen alleine geführt hat."

 

Führungsgrundsätze: Offenheit und Eigenverantwortung


Die Führungsstile von Anna und Andreas Hug sind sich ähnlich, von der Persönlichkeit her ergänzen sich die beiden. Die Co-Leitung wurde nie als Fremdkörper erlebt, weil die gelebten Werte der HUG AG deckungsgleich mit den persönlichen Werten sind. Eigenverantwortung ist innerhalb der Unternehmung ein grosses Thema und wird stark gefördert – bis hin zu allen Mitarbeitenden. Die Philosophie des Unternehmens ist klar und durchgängig, dadurch wissen Mitarbeitende, wie Entscheidungen im Sinne des Ganzen getroffen werden. Andreas führt aus: "Wir haben eine Sorry- statt Bitti Bätti-Kultur. Das heisst, lieber mal sorry sagen, wenn man etwas entschieden hat und es in die Hose geht, anstatt jeden um Erlaubnis zu bitten und alles zu hinterfragen."


Für Anna und Andreas ist diese Kultur die Basis für den Erfolg ihres Topsharings. Vertrauen in die Fähigkeiten des Anderen und die gelebte Offenheit nennen sie als entscheidende Faktoren. Die gelebte Firmenkultur manifestieren Anna und Andreas Hug auch stark in ihrem jeweiligen Führungsstil. Beide führen integrierend, kollegial, offen, teamorientiert und sind sich dabei vom Stil her ähnlich, jedoch punktuell auch ergänzend.


 

"Wir haben eine Sorry- statt Bitti Bätti-Kultur. Das heisst, lieber mal sorry sagen, wenn man etwas entschieden hat und es in die Hose geht, anstatt jeden um Erlaubnis zu bitten und alles zu hinterfragen."

 

Intergenerationelles Topsharing verbindet Tradition und Innovation


Dass sich Anna und Andreas Hug in ihren Kompetenzen und Persönlichkeiten ergänzen, bringt das traditionsreiche Familienunternehmen weiter. So betont Andreas, dass Anna in Bezug auf die Marktpositionierung und die Kommunikation "neue Ideen und Schwung hineingebracht hat" und Anna ergänzt, dass sie im gegenseitigen Austausch neue Ideen konstruktiv weiterentwickeln können. Das intergenerationelle Topsharing, also die Co-Leitung, welche zwei Führungsgenerationen vereint, ist sozusagen auch ein Brückenschlag zwischen Tradition und Innovation. Für Anna und Andreas Hug ist klar, dass sie in ihrer Co-Leitungsfunktion als Katalysatoren wirken und so Innovationen, die meist von den Mitarbeitenden angestossen werden, beschleunigen. Dies als Resultat aus der Vertrauenskultur, welche Raum für Experimente zulasse.



Tipp für Familienunternehmen


Was würden Anna und Andreas Hug anderen Familienunternehmen mit auf den Weg geben, die im Rahmen einer Nachfolgeregelung an ein Topsharing denken? Anna und Andreas sind sich in ihrer Antwort einig: "Sich seinen Werten bewusst sein und den Mut haben, Neues und Ungewohntes auszuprobieren".

 

"Sich seinen Werten bewusst sein und den Mut haben, Neues und Ungewohntes auszuprobieren".

 

Bei der HUG AG sind flexible Arbeitsmodelle nicht erst seit der Co-Leitung von Anna und Andreas Hug ein Thema. So arbeiten auf Stufe Geschäftsleitung vier weitere Personen in einem Teilzeit-Modell. Nicht der Trend gibt den Ton an, sondern die Kultur- und Wertephilosophie.

 

Zu den Interviewpartner*innen


Anna Hug war nach dem Wirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen u.a. 10 Jahre in einem Schweizer KMU im Textilbereich tätig. 2010 trat sie ins Familienunternehmen ein und vertritt seit 2015 als Leiterin Innovation und Produktentwicklung die 5. Führungsgeneration in der Geschäftsleitung. Seit 2020 führt sie den Familienbetrieb im 60 % Pensum als Co-Geschäftsleiterin Märkte zusammen mit ihrem Onkel Andreas Hug.


Andreas Hug, gelernter Bäcker und Lebensmitteltechnologe, tritt 1986 in den Familienbetrieb ein. 2006 übernimmt er von seinem Bruder Werner Hug die Geschäftsführung, welche somit innerhalb der 4. Generation weitergeführt wird. Seit 2020 führt er die HUG AG im 80 % Pensum als Co-Geschäftsleiter Operations zusammen mit seiner Nichte Anna Hug.

 


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