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  • AutorenbildKarin Ricklin

Topsharing at business vs. at home: über Gemeinsamkeiten und warum sich diese Sichtweise lohnt

Unternehmen, die dem verstärkten Wunsch von Eltern nach Teilzeitarbeit mit Angeboten wie Topsharing begegnen, können im «war for talents» einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Wird gleichzeitig das Potential von Topsharing at home erkannt, entsteht ein zusätzlicher Mehrwert.



Wunsch vs. Wirklichkeit

Eltern, die sich Erwerbsarbeit, Haushalt und Kinderbetreuung teilen, also ein Topsharing at home leben, sind gemäss Bundesamt für Statistik 2020 noch eine Seltenheit: «In Paarhaushalten ist neben der Haus- und Familienarbeit auch die Erwerbsarbeit ungleich aufgeteilt; dies trifft insbesondere auf Familienhaushalte zu.» Am häufigsten wird in Familienhaushalten das Modell gelebt, in welchem der Vater Vollzeit und die Mutter Teilzeit arbeitet, gefolgt vom Modell des Vollzeit arbeitenden Vaters und der nicht erwerbstätigen Mutter. Gleichzeitig äussern Eltern jedoch verstärkt den Wunsch nach einem ausgeglicheneren Modell, wie unterschiedliche Erhebungen zeigen. So gaben in der 2019 durchgeführten Studie von Swisslife 92% der befragten Eltern an, Teilzeit arbeiten zu wollen. Die Befragungen, die Annabelle und Sotomo 2021 mit Männern und Frauen aus der Deutschschweiz durchführten, deuten in eine ähnliche Richtung: Beide Geschlechter erachteten die 80%/50% Aufteilung der Erwerbstätigkeit zwischen Vätern und Müttern aktuell als erstrebenswert.

 

Am häufigsten wird in Familienhaushalten das Modell gelebt, in welchem der Vater Vollzeit und die Mutter Teilzeit arbeitet, gefolgt vom Modell des Vollzeit arbeitenden Vaters und der nicht erwerbstätigen Mutter. Gleichzeitig äussern Eltern jedoch verstärkt den Wunsch nach einem ausgeglicheneren Modell, wie unterschiedliche Erhebungen zeigen.

 

Die Gründe für diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit sind vielfältig. Ein Aspekt, den die Analyse der Konjunkturfoschungsstelle KOF 2021 hervorgebracht hat, liegt in der Benachteiligung von Männern, die nach einem Teilzeitjob suchen: «Im Gegensatz zu einer teilzeitarbeitenden Frau widerspricht ein teilzeitarbeitender Mann dem traditionellen Rollenbild, demzufolge der Mann die Rolle des Haupternährers innehat und sich die Frau um den Haushalt kümmert. Männer, die eine Teilzeitstelle anstreben, erscheinen Rekrutierenden offenbar als suspekt – und zwar bereits dann, wenn ein Mann ein 90%-Pensum sucht.»


Wettbewerbsvorteil durch Topsharing at business

Wie lange Unternehmen sich in Zeiten des Fachkräftemangels eine solche Haltung noch leisten können, ist fraglich. Denn Arbeitgebende, welche frühzeitig mit kreativen Lösungsansätzen wie Topsharing auf den verstärkten Wunsch nach Teilzeitarbeit reagieren, besitzen einen Wettbewerbsvorteil im «war for talents». Anspruchsvolle Jobs mit Führungsverantwortung lassen sich so auch im Teilzeitmodell ausüben, was zu einer win-win Situation führt: Eltern bspw. können durch Topsharing at business den Wunsch nach Topsharing at home in die Tat umsetzen, Unternehmen vergrössern ihrerseits den Talentpool, binden Talente nachhaltiger an sich und stärken ihre Marke als attraktive Arbeitgebende im Arbeitsmarkt. Was bisher noch zu wenig stark beleuchtet wurde ist der Mehrwert, der durch die Kombination von Topsharing at business mit Topsharing at home entstehen kann.

 

Eltern bspw. können durch Topsharing at business den Wunsch nach Topsharing at home in die Tat umsetzen, Unternehmen vergrössern ihrerseits den Talentpool, binden Talente nachhaltiger an sich und stärken ihre Marke als attraktive Arbeitgebende im Arbeitsmarkt.

 

Topsharing at home: Geteilte Verantwortung im Familienalltag

Wie Kuark und Wyss im Kontext von Topsharing at business herausgearbeitet haben, lassen sich auch beim Topsharing at home zwei Bereiche unterscheiden: Kernaufgaben vs. Einzelaufgaben. Bei den Kernaufgaben sind jene Aufgaben gemeint, bei denen die Verantwortung gemeinsam getragen wird. Einzelaufgaben umfassen sinngemäss jene Tätigkeitsbereiche, die in die eigene Zuständigkeit fallen. Konkret kann das im Familienalltag wie folgt aussehen:



Damit Topsharing at home funktioniert, stellen - analog zum Topsharing at business - «Wollen» und «Können» essenzielle Erfolgsfaktoren dar.


Wollen: Weg vom «gatekeeping», hin zum «Wir»

Beide Elternteile müssen die Verantwortung teilen wollen. Das bedeutet, ein Stück an Einflussnahme abgeben und mit Kompromissen leben zu können. Gleichzeitig bedarf es einer gewissen Abgrenzung gegenüber äusseren Erwartungen. Dies gilt speziell für jene Person, die zuvor allein die Hauptverantwortung getragen hat – in den allermeisten Fällen ist dies noch immer die Mutter. Der Begriff, den die Erziehungswissenschafterin Magrit Stamm in diesem Zusammenhang geprägt und wissenschaftlich breit untersucht hat, ist «maternal gatekeeping»: «Schickt der Vater die Tochter am Morgen ungekämmt zur Schule, dann gilt dies nicht als seine Unterlassung, sondern als die der Mutter. Frauen versuchen deshalb unentwegt, den gesellschaftlichen Ansprüchen zu genügen und übernehmen wie selbstverständlich die innerfamiliäre Hauptverantwortung. Hat der Partner Papa-Tag, hinterlassen sie ihm To-Do-Listen, was er wann und wie erledigen soll – als ob er Juniorpartner oder Babysitter wäre.» Eine ähnliche Situation kann auch beim Topsharing at business entstehen, quasi ein «predecessor gatekeeping»; hat eine Person bereits eine Stelle inne und kommt neu ein*e Topsharing-Partner*in hinzu, gilt es, loszulassen. Oder, wie Margrit Stamm treffend formuliert: beide sollten den Blick «nicht nur auf das Ich, sondern auch auf das Wir legen.»

 

Eine ähnliche Situation kann auch beim Topsharing at business entstehen, quasi ein «predecessor gatekeeping»; hat eine Person bereits eine Stelle inne und kommt neu ein*e Topsharing-Partner*in hinzu, gilt es, loszulassen.

 

Können: Die Kompetenzen müssen vorhanden sein

Um Topsharing at home erfolgreich umsetzen zu können, benötigen Eltern nicht nur den Willen dazu, sondern auch die entsprechenden Kompetenzen. «Damit eine Partnerschaft längerfristig gut funktioniert und Glück und Erfüllung bringen kann, braucht es vor allem Kompetenzen», so der renommierte Paarforscher Prof. Guy Bodenmann. Angemessene Kommunikation sieht er dabei als eine der zentralen Kompetenzen. Insbesondere die Kommunikationskompetenzen sind auch im Topsharing at business von zentraler Bedeutung: «TopSharing erfordert eine hohe Kommunikationskompetenz der Teammitglieder», so Kuark und Wyss. Abgesehen davon liegt es auf der Hand, dass sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext Kompetenzen wie Organisationstalent, Teamfähigkeit, Flexibilität und Selbstreflexion essenziell sind.


Erfahrung im Topsharing at home als Plus im Rekrutierungsprozess

Eltern, die Formen von Topsharing at home leben, können sich bewusst machen, was sie punkto Wollen und Können bereits erfolgreich erprobt haben. Sie verfügen dadurch über ein gutes Argumentarium, weshalb sie sich für ein Topsharing at business eignen und gewinnen so an Überzeugungskraft. Im Gegenzug verhält es sich für Unternehmen ähnlich wie bei anderen Kompetenzen, die ausserhalb des beruflichen Kontexts erlangt wurden: sie bieten eine zusätzliche Absicherung. Personen, die z. B. in der Pfadi schon ihre Teamfähigkeit unter Beweis gestellt haben, werden diese Kompetenz voraussichtlich auch im beruflichen Kontext erfolgreich einbringen.

 

Im Gegenzug verhält es sich für Unternehmen ähnlich wie bei anderen Kompetenzen, die ausserhalb des beruflichen Kontexts erlangt wurden: sie bieten eine zusätzliche Absicherung.

 

Private Kompetenzentwicklung generiert Mehrwehrt

Topsharing at home kann für Unternehmen auch aus ökonomischer Sicht spannend sein. Erhalten Väter und Mütter durch Topsharing at business Zeit für ihr Topsharing at home, können sie die Erfahrungen und Kompetenzen aus dem privaten Bereich in den beruflichen Kontext übertragen und umgekehrt. Das ist aus Unternehmensperspektiver insofern lukrativ, als dass Eltern Zeit und Ressourcen für diese Kompetenzenmtwicklung in ihrer privaten Zeit zur Verfügung stellen. Oder, wie Kompetenz-Experte Andreas Mollet es auf den Punkt bringt: «Das Argument also, dass beim Jobsharing gegenüber einer Einzelbesetzung höhere Kosten anfallen (bspw. Lohnkosten, Infrastruktur), wird dadurch entkräftet. Entsprechend könnte es für Unternehmen ökonomisch von Interesse sein, möglichst viel private Kompetenzentwicklung zu ermöglichen, um dies dann unternehmerisch zu nutzen.»


Win-win für beide Seiten

Unternehmen, die Topsharing anbieten und den Mehrwert erkennen, der in der parallelen Ausübung von Topharing at home und Topsharing at business liegt, generieren eine win-win Situation: Sie selbst verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil im «war for talents» und ziehen gleichzeitig einen Nutzen aus der privaten Kompetenzentwicklung der Eltern. Diese wiederum können durch Topsharing at business den Wunsch nach Topsharing at home in die Tat umsetzen und damit Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren.


 

Zur Autorin:


Karin Ricklin ist Gründerin der WEshare1 GmbH, die sie seit Januar 2022 mit Stephanie Briner im Topsharing leitet. Als Sidepreneurin verfolgt sie parallel dazu eine Karriere als Führungskraft und verfügt über eigene Topsharing Erfahrung in der Rolle als Co-Leiterin HR mit Einsitz in der Geschäftsleitung. Karin ist Mitglied des Fachrats Nachhaltigkeit bei der Thurgauer Kantonalbank, verfügt über einen Master in Psychologie der Universität Zürich sowie Weiterbildungen als HR Leiterin und Stressregulationstrainerin. Karin ist Mutter eines Sohnes und lebt mit ihrem Mann Topsharing at home. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Familie und Freunden, Sport, Meditation und einem guten Buch.

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